Unsere Töpfermädels, Lea und Sabine, sitzen meist mit einem Klumpen Ton bewaffnet unter unserem Sonnensegel und stellen Gebrauchskeramik für unser Lager her. Ziel der Beiden ist es, sich am frühmittelalterlichen Vorbild der Wikingerzeit zu orientieren, deshalb arbeiten sie in der typischen Aufbautechnik mit grobem Ton und versuchen sich an unterschiedlichen Brenntechniken. Weil Ton aber wie kaum ein anderes Material die Phantasie anregt, entstehen manchmal auch Wikiinger-untypische Objekte, wie Aschenbecher, Tassen mit Ohren oder auch eine getöpferte Spargelskulptur, wie auf dem Schwetzinger Spargelfest. Aus den Tonresten modellieren sie kleine „Brenngeister“, welche als Opfergabe für die Götter zum Brand gegeben werden und somit für gutes Gelingen sorgen sollen.

Die Zwei haben richtig Spaß an ihrer gemeinsamen Arbeit und finden auf jeder Veranstaltung ein paar Interessierte zum mittöpfern.


Geschichte des Töpferns

Die ältesten Figuren aus Ton, sowie mehrere Tierfiguren, fand man an einem Lagerfeuer der Mammutjäger in Mähren (Tschechien), sie sind 25.000 bis 29.000 Jahre alt. Tongefäße zum Kochen und Transportieren von Nahrungsmitteln zu verwenden begannen unsere nomadischen Vorfahren bereits vor 20.000 Jahren (ältester Fund in der Xianrendong- Höhle  in China). Die Töpferei von Gebrauchskeramik ist in Europa allerdings erst seit dem 7. Jahrtausend v. Chr. bekannt. In sämtlichen Kulturkreisen nahm nun die Entwicklung der Keramik unterschiedliche Richtungen und Geschwindigkeiten an.

Töpfern bei den Wikis

Während in China z.B. Keramik schon als Kunstware mit filigransten Verzierungen gehandelt wurde, beschränkten wir Wikinger uns immer noch darauf, ausschließlich Gebrauchskeramiken wie Töpfe, Becher, Aufbewahrungsgefäße, Lichtquellen und Urnen herzustellen.
In einfacher Daumentechnik (mit dem Daumen wird ein Loch in eine Kugel gedrückt und ausgeformt) oder Aufbautechnik (Übereinander legen von Tonwülsten) stellten wir per Hand oder mit Hilfe einer Handdrehscheibe unsere Keramiken her.

Dies erklärt auch, warum unsere Gefäße nie ganz rund und relativ dickwandig waren. Verziert wurden unsere Keramiken mit feinen Rillen, Kamm- oder Wellenlinien und manchmal sogar mit einfachen Stempeln.
Die „Importware“ (aus Handel und/oder vielleicht viel mehr aus Raubzügen) welche in unseren Gräbern gefunden wurde und teilweise sogar aus dem Orient stammt, war bedeutend hochwertiger und wurde deshalb nur für Handelszwecke und als Grabbeigabe benutzt, nicht als Gebrauchsgegenstand.


Brennvorgang bei den Wikis

Nach dem Trocknen am Lagerfeuer (mehrere Tage) wurde auf zwei unterschiedliche Arten gebrannt, entweder im offenen Feuerbrand, oder im Grubenbrand. Bei beiden Techniken konnte maximal eine Temperatur von 900 °C erreicht werden.

Der offene Feuerbrand ist eine sehr faszinierende Sache, weil der ganze Brennvorgang mitverfolgt werden kann. Die Keramik wird einfach ins Lagerfeuer gestellt und mit Holz bedeckt. Wichtig zu wissen ist, dass offene Flammen weniger Temperatur (500°-600° C) erreichen, als glühende Asche (800°- 900°) und nicht jeder Ton für diese extrem schnelle Brenntechnik geeignet ist.

Der Grubenbrand besteht aus einem Erdloch, welches mit Holz aufgeschüttet, mit Keramik befüllt und dann mit Grasnarben wieder abgedeckt und befeuert wird. Diesen Vorgang nennt man reduzierenden Brand, da die Sauerstoffzufuhr beim Brennen heruntergedrosselt wird. Die Keramiken erhalten dadurch auch ihre typische Schwarzfärbung. Nach dem Abkühlen kann die Grube geleert, die Keramik gewaschen und dann benutzt werden. Je öfter man die Tongefäße benutzt, desto weniger schmeckt ihr Inhalt auch kohlenstoffhaltig und desto dichter werden sie, weil sich ihre Poren verschließen.


Der Spagat

 „Wie der Krug ausschaut, is mir gleich, aber es muss mindestens ein halber Liter Bier rein passen.“ So einfach diese Trinkgefäßbestellung klingen mag, für unsere Töpfermädels, Lea und Sabine, wirft sie dennoch ein paar Probleme auf: Denn den Spagat zwischen der Keramik des Wikingerzeitalters und den Ansprüchen an Gebrauchskeramiken unserer Zeit zu schlagen ist gar nicht so leicht.

Dabei liegt das Problem nicht in der Herstellung, sondern beim Brand: Heutzutage können Keramiken in Elektrischen Brennöfen bedeutend regulierter und höher gebrannt und vor allem glasiert werden (Glasuren waren in Europa erst 1300 n.Chr. üblich), was den Tonscherben wasserdicht und stabil macht.

Die Wikingerware hingegen war grobporig und porös, bedeutend weniger bruch- und stoßfest und vor allem nicht wasserdicht. Nicht nur, dass es unangenehm ist aus einem solchen Gefäß zu trinken, unser heutiges Bier schmeckt daraus getrunken auch sofort abgestanden (wie übrigens auch alle anderen kohlesäurehaltigen Getränke).

Deshalb wird unser Lagergeschirr oft noch im neumodernen Elektrobrennofen gebrannt. Um authentischer zu bleiben experimentieren unsere Mädels allerdings immer wieder an der Oberflächenbearbeitung unserer Keramiken herum. Durch aufwendige Poliertechniken mit Edelsteinen und den Einsatz von Terra Sigillata (= Tonschlicker, wie er schon im alten Ägypten verwendet wurde) versuchen sie die Oberflächen glatter und wasserfester zu bekommen.

Es bleibt also spannend.


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